Wohnen im Alter
Wohnen im Alter
Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sind für die Freien Demokraten wichtige Leitfäden. Auch die kommenden Generationen sollen noch Gestaltungsspielräume haben.
Wohnen und Versorgen im Alter
Für die FDP ist eine wohlverstandene Seniorenpolitik weitgehend integriert in andere Politikbereiche: Was der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger nützt, hat in der Regel auch positive Effekte für die ältere Generation.
Barrierefreiheit, Nahversorgung, Infrastruktur
Der Komplex Barrierefreiheit ist gleichermaßen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität wie auch für ältere Menschen von Bedeutung, nicht zu vergessen, dass auch Eltern mit Kinderwagen von einfachen Zugängen profitieren. Dasselbe gilt für die kurzen Wege zu Nahversorgung, Infrastruktur und Anbindung an den ÖPNV, die allen Bevölkerungsschichten dienen, jedoch für die zunehmend älter werdende Generation unabdingbar sind.
Die gravierende gesellschaftliche Veränderung ergibt sich aus der demografischen Entwicklung: In den nächsten Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Zwar können Rentnerinnen und Rentner oft noch lange Zeit für sich selbst sorgen, dennoch wird der Bedarf an ehrenamtlichem Engagement weiter steigen. Langfristig hat darüber hinaus auch der Anstieg von Ein-Kind-Familien, Familien ohne Kinder und Singlehaushalten Konsequenzen für die eigene Versorgung und Betreuung im Alter. In einer vorausschauenden Seniorenpolitik muss diese Entwicklung frühzeitig Berücksichtigung finden.
Alt werden in der eigenen Wohnung
Für uns ist eine Lebensphasen übergreifende Wohnungsbaupolitik von großer Bedeutung. Ein Umbau von vorhandenem Wohnbau in altersgerechten Wohnraum sollte, wo immer möglich, frühzeitig erfolgen. Eine vorausschauende Architektur bei Neubauten ist zwingend.
Für alte Menschen mehr noch als für junge Menschen ist der räumliche Lebensmittelpunkt die eigene Wohnung, denn je älter Menschen werden, desto kleiner wird ihr Bewegungsradius und desto mehr Zeit verbringen sie im Durchschnitt in der eigenen Wohnung. Wie die gesundheitliche und die pflegerische Versorgung muss aus diesem Grund auch der Bereich des Wohnens und des Wohnumfeldes unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe betrachtet werden. Laut Umfragen wollen ältere Menschen zu 90% ihre Wohnung nicht mehr wechseln, ebenso wenig ihr gewohntes Wohnumfeld. Das bedeutet, dass zunehmend Wohnmodelle gefunden werden müssen, die das Leben in der eigenen Wohnung oder wenigstens im Quartier ermöglichen.
Beim Verbleib in einer großen Wohnung gibt es die Möglichkeit, die Wohnungen so umzubauen, um sie mit anderen Menschen (z.B. auch Studenten) teilen zu können. Hier ist Beratung durch die Stadt gefordert. Viele Menschen im Rentenalter wären aber auch bereit, aus ihren großen Wohnungen auszuziehen, wenn sie in unmittelbarer Nähe eine kleinere altengerechte Wohnung fänden. So könnten große Wohnungen zugunsten von wohnungssuchenden Familien frei werden.
Teilhabe und Betreuungsangebote
Für alte Menschen, die in ihren kleinen Wohnungen bleiben möchten, ist es umso wichtiger, ein breites Teilhabe- und Betreuungsangebot im Umfeld zu haben, um einerseits möglichst lange am öffentlichen Leben teilnehmen und der oft beklagten Einsamkeit entgegenzutreten zu können, und um andererseits Hilfebedarf frühzeitig erkennen und ein rechtzeitiges Eingreifen in Notfällen garantieren zu können. Auch bei zunehmendem Hilfebedarf sollte der Verbleib in der eigenen Wohnung möglichst lange gewährleistet sein.
Dafür gibt es in Tübingen eine Fülle von Angeboten: Der Stadtseniorenrat sowie andere Institutionen und Initiativen, wie z.B. die Stadtteiltreffs, leisten hier wertvolle Arbeit. Doch fehlt es in vielen Fällen am Mut und der Bereitschaft der älteren Menschen, aus ihrer Wohnung herauszugehen, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. D.h. es müssen adäquate Angebote im Quartier vorhanden sein: Treffpunkte, Cafés, Mittagstisch, Zeitungen sollten zur Verfügung stehen, ebenso Freiflächen mit Aufenthaltsqualität sowie generationsübergreifende Angebote für Spiel und Bewegung. Sozialkontakte, geistige und körperliche Fitness erhöhen in jedem Fall die Lebensqualität. Gleichzeitig müssen auch Möglichkeiten zur Aktivierung alternder Menschen gefunden werden. Außerdem gibt es bislang noch kein verlässliches Konzept für konkrete Hilfen der Begleitung und Betreuung im Krankheitsfall, während des Krankenhausaufenthalts und nach der Entlassung in Fällen, wo Angehörige und Freunde bereitstehen.
Geplante Pflegeheime und Pflegeplätze
Die Stadt hat 2018 eine Konzeption „Sicherung und Pflege in Tübingen; Projekt Seniorenleben und Pflege“ vorgelegt, das von den Freien Demokraten begrüßt und unterstützt wird. Der Bedarf ist erkannt und Einiges wurde auf den Weg gebracht:
- In den Pflegeheim mit 60 Plätzen am Hechinger Eck,
- drei ambulant betreute Pflegewohngemeinschaften im Güterbahnhofsareal.
In den Teilorten sehen die Planungen wie folgt aus:
- ein Pflegeheim mit ca. 60 Plätzen auf WHO im Rahmen des Projektes „Soziale Stadt“,
- 133 bis 152 Pflegeplätze in der Kernstadt und
- 100 bis 119 Pflegeplätze in den Teilorten.
Eine erfolgreiche Kooperation mit den Trägern der Altenhilfe, bürgerschaftlichen Initiativen und dem Landkreis ist dabei unerlässlich.
Bedarfsorientierte gemeinschaftliche Wohnformen
Die Notwendigkeit des Ausbaus von stationären Einrichtungen ersetzt keineswegs die Stärkung der ambulanten Dienste, die zunehmend auch hauswirtschaftliche Kapazitäten benötigen. Bereits 2018 lebten 13.000 Frauen und Männer im Alter über 65 Jahre in Tübingen. Sie alle werden in den kommenden Jahren Unterstützungs- undBetreuungsangebote und ein altersadäquates Wohnumfeld brauchen. In den Teilorten wurden auf Basis der sozialräumlichen Bedarfserhebung Beteiligungsprozesse angestoßen und örtliche Akteure dabei unterstützt, auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Angebote zu schaffen. Diese Vorgehensweise scheint auch für die Kernstadt das Mittel der Wahl zu sein.
Die Verwaltung ist auf dem richtigen Weg, wenn sie Projekte und Initiativen fördert, die selbstorganisierte Wohnprojekte anstreben (wie z.B. im Nonnenmacherhaus oder beim Güterbahnhof), wo sich die Bewohner gegenseitig unterstützen. Die Diskussionen um die „Soziale Stadt“ in WHO zeigen, dass der Wunsch nach alternativen Wohnformen für’s Alter auch hier sehr groß zu sein scheint. Das Projekt „Nachbarschaftshilfe WHO – Caring Community“, das Beratung vor Ort einschließt und einen generationenübergreifenden achtsamen Umgang miteinander anstrebt, wird derzeit erprobt und bei Wirksamkeit auf andere Stadtteile übertragen.
Aus liberaler Sicht gilt es also Wohnmodelle zu unterstützen, die den unterschiedlichen Vorstellungen vom Leben im Alter Rechnung tragen: generationenübergreifende Wohnprojekte, gemeinschaftliches Wohnen in verschiedensten Formen bis hin zu Senioren- WGs und Pflegewohngemeinschaften. Hier soll die Stadtverwaltung tätig werden und die Wohnprojektsuchenden begleiten – angefangen bei der Wahl und der Planung eines auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittenen Modells bis hin zu Umsetzung.
Unser Ziel ist, in jedem Quartier der Stadt und in allen Teilorten kleinere Einheiten für Seniorenwohnen zu ermöglichen – sei es zur Miete oder zum Kauf – und gleichzeitig für die notwendige Infrastruktur zu sorgen. Idealerweise sollten dies Wohneinheiten sein für Senioren oder auch altersgemischt, wo Betreuung – je nach Bedarf – von Pflegediensten, privat, von Mitbewohnern oder von Ehrenamtlichen geleistet werden kann und wo in unmittelbarer Nähe für einen eventuell höheren Pflegebedarf auch Pflegebetten zur Verfügung stehen.
Eckpunkte eines Gesamtkonzeptes
Für die FDP sind Bedarfserhebungen in Stadtteilen und Teilorten, Beteiligungsprozesse, umfassende Beratung, Bereitstellung und Hilfe bei der Suche nach Räumen und bedarfsgerechten Modellen vorrangig und zügig umzusetzen. Dafür zwingend erforderlich ist die Kooperation mit Trägern ((zu unkonkret)), ambulanten Diensten, Institutionen, Initiativen und Ehrenamtlichen. Die „Tübinger Pflegestrategie“ muss überarbeitet, ergänzt und um den Bereich „Wohnen und Wohnumfeld“ erweitert werden. D.h. wir brauchen ein Gesamtkonzept für „Wohnen und Versorgen im Alter“, in dem die genannten Eckpunkte samt Umsetzungsplan klar definiert sind.