Zum Inhalt springen

Bürgerbeteiligung ernst nehmen

Wir in Tübingen sind gefragt und werden befragt, doch gefragt ist unsere Meinung nur dann, wenn sie ins Kalkül passt. Deutlich wurde dies bei der Mühlstraßensperrung, wo aus 52% dagegen, eine gefühlte Mehrheit dafür gemacht wurde. Und bei den jüngsten App-Befragungen, wo jede „positive“ Mehrheit hervorgehoben wird, obwohl nicht einmal 5% der berechtigen Tübinger*innen dabei abgebildet sind.

Unter der voluminösen „Stadtbahnblase“ können leise Prozesse und Entwicklungen, wie diejenigen auf WHO zur „Sozialen Stadt“ nicht mehr durchdringen. Die Förderrichtlinien des BMU verlangen, dass die Öffentlichkeit frühzeitig und umfassend aufgeklärt und einbezogen wird. Es muss klar kommuniziert werden, in welchem Rahmen Bürger mit entscheiden können. Wo alle Abläufe und Entscheidungen vollständig offengelegt werden und Transparenz geschaffen wird, da entsteht auch Vertrauen“. 

Auf WHO geht es den Bürger*innen darum, die städtebaulichen Errungenschaften der 70er Jahre zu bewahren und die gelungene Balance zwischen „Wolkenkratzer und dörflicher Idylle“, so zu erweitern, dass das Quartier deutlich gewinnt.

Wie wird diese Bürgerbeteiligung auf WHO gestaltet? Der Gemeinderat hat entschieden, der Bau- und Sozialverwaltung die Federführung zu übertragen, und nicht wie üblich Außenstehenden. Eine reziproke Abhängigkeit also, welche weder Transparenz noch Offenheit für alle Bürger*innen fördert. Einzelmaßnahmen werden angeboten, man kann an Workshops teilnehmen oder sich zu lokalen Gesprächsrunden einfinden. Aber es fehlt an struktureller Verbindlichkeit. Bürger*innen können zuhören und abnicken was schon geplant wurde.

Bauliche Ergänzungen werden bei den im Privatbesitz befindlichen Garagenarealen betrachtet, nicht jedoch dort, wo diese auf städtischem Grund einfach und sinnvoll wären, wie beim sog. Ahornpark. Vielleicht weil es dazu bereits eine Unterschriftenaktion gab.

Ein Begleitkreis wurde gebildet. Er tagt 3-4 Mal im Jahr und soll den Willen der beteiligten Bürger*innen und Institutionen aufnehmen, bewerten und weiterleiten. Nur so kann ein Dialog zur Stadtteilentwicklung entstehen, der sich offen, transparent und in Stufen vollzieht. Es wird Zeit, dass die Bau- und Sozialverwaltung diese berechtigte Forderung der Bürger*innen auf WHO aufnimmt und umsetzt.

Anne Kreim
FDP Stadträtin