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Verpasste Chancen

Vor einem Jahr mögen die Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats noch geglaubt haben , es wäre zwingend erforderlich, über eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes mehr als drei Millionen Euro zusätzliche Einnahmen für den städtischen Haushalt zu erzielen, um seine Genehmigung durch das Regierungspräsidiums sicherzustellen.

Heute, in Kenntnis des Haushaltsabschlusses für 2020 und des vorläufigen Abschlusses für 2021, steht fest: dieses Argument jedenfalls hat sich nicht als zwingend erwiesen. Beide Haushalte haben Überschüsse im Ergebnishaushalt erwirtschaftet, so dass es wieder eine Ergebnisrücklage in zweistelliger Millionenhöhe gibt, mit der auch einmal ein Minus ausgeglichen werden kann.

Das Mehr an Grundsteuer, das man den Bürgern letztes Jahr zu zahlen auferlegt hat, hätte also ohne Risiko für den Haushalt in diesem Jahr – ganz oder teilweise – zurückgegeben werden können. Und gute Gründe dafür hätte es ganz ohne Zweifel gegeben: eine inflationäre Entwicklung, insbesondere von der Preisentwicklung im Energiesektor angetrieben, verlangt nach einem Ausgleich, der insbesondere für die große Zahl von Mieterhaushalten dringlich ist, aber auch für Eigentümerhaushalte, die sich dieses Eigentum durch jahrzehntelange Ansparprozesse mühsam erworben haben.

Dass die diesjährige Haushaltsmehrheit von ALGrünen, SPD und CDU hier keine Notwendigkeit zur Korrektur sah, überrascht schon, zumal die CDU dieses Thema seither gänzlich anders gesehen hatte. Und der wiederholte Versuch der SPD, die Grundsteuer fälschlich als eine Art Reichensteuer umzuschreiben, dokumentiert auch ein Stück schlechtes Gewissen.

Schade, dass damit keine Chance für einen Konsens über den Haushalt insgesamt bestand. Und schade, dass nicht mehr ausgetestet werden konnte, ob es einen Konsens bei den Perspektiven für die künftige Ausgestaltung des ÖPNV nach dem Bürgerentscheid gibt. Wer sagt, wir können uns für alle Zukunft nicht allein auf die Schnellbusvarianten festlegen, hat angesichts der begrenzten Reichweite dieses Ansatzes wohl recht. Noch einmal nach anderen Varianten der Trassenführung abseits der Mühlstraße zu suchen, ist legitim, aber es trägt dem Bürgerentscheid wohl nur Rechnung, wenn klar ist: abseits der Mühlstraße !

Dietmar Schöning
Fraktionsvorsitzender der FDP