Nach Einbringung und Lesung des Haushalts, nach fraktionsinternen Beratungen des Haushalts und der eigenen Anträge kommt der Gemeinderat jetzt auf die Zielgerade. Einen ausgeglichenen Haushalt nach den strengen Regeln des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts wird es nicht geben; zu sehr prägen pandemiebedingte Mindereinnahmen und Mehrausgaben den Haushalt, und anders als im Vorjahr sind umfassende Hilfen von Bund und Land nicht in Sicht.
Für den Gemeinderat stellt sich die Frage, ob es richtig ist, einen partiellen Ausgleich des Haushalts durch Steuererhöhungen anzustreben, oder ob es nicht vernünftiger ist, einen höheren Fehlbetrag in der Sondersituation der Pandemie – und nur dort – hinzunehmen, anstatt die ökonomische und soziale Entwicklung durch Steuererhöhungen bei der Grundsteuer und der Gewerbesteuer zusätzlich zu gefährden.
Die eingeplante Grundsteuererhöhung auf einen dann in Baden-Württemberg einzigartigen Wert würde bei etwa der Hälfte des Tübinger Wohnungsbestands auf die Mieter umgelegt. Dies wäre eine Belastung, die für einen erheblichen Teil der Haushalte schwer zu tragen wäre. Und die andere Hälfte, die im Eigentum wohnt, hat dieses Eigentum in aller Regel durch einen sich über Jahrzehnte erstreckenden Ansparvorgang erworben. Modellrechnungen des OB über die Wertentwicklung von Immobilieneigentum werden der konkreten Situation der Wohneigentümer meist nicht gerecht.
Eine weitere Erhöhung der Gewerbesteuer wäre in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage ebenfalls eher kontraproduktiv. Selbstverständlich gibt es Unternehmen, für die eine Erhöhung um 10 Prozentpunkte keine entscheidende Rolle spielte. Aber das ist nicht die Regel, und bei der Standortwahl spielt der Gewerbesteuerhebesatz sehr wohl eine Rolle.
Es erscheint deshalb gerade auch unter ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten sinnvoller, die Hebesätze der Grund- wie der Gewerbesteuer nicht zu verändern, und die dafür eingeplanten 4,2 Millionen Euro ins Minus laufen zu lassen. Wir raten sehr dazu, diesen Weg zu gehen; denn es ist nicht zu erkennen, warum den Kommunen – trotz eines unterschiedlichen Rechtsrahmens – in der Pandemie verboten sein sollte, was Bund und Land mit Berufung auf die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse zweifellos erlaubt ist.
Dietmar Schöning
Fraktionsvorsitzender der FDP