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Die Regionalstadtbahn

Im Diskussionsprozess zum Projekt Regionalstadtbahn kann man sehr unterschiedlich vorgehen: Man kann – zweifellos legitim – anfangen aufzuzählen, was einem daran gefällt oder missfällt. Oder man kann systematisch zu Werk gehen, fragen, was das Projekt erreichen soll, ob es dies wahrscheinlich auch erreichen kann, und ob es dazu realistische Alternativen gibt

Rund dreißigtausend Personen, die täglich aus beruflichen oder Studiengründen weit überwiegend per PKW nach Tübingen einpendeln, sowie zusätzlich weit mehr als 10.000, die als ambulante Patienten oder als Besucher zu den Kliniken unterwewgs sind, stehen für ein nicht ganz einfach zu lösendes Problem. Die Luftqualität mit den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken und vor allem der Klimagefährdung ließe sich deutlich verbessern, die individuellen und gesamtwirtschaftlichen Verluste durch Staus entsprechend verringern, wenn es gelingt, nennenswerte Anteile dieses Verkehrs auf den öffentlichen Verkehr zu verlagern.

All diese Aspekte betreffen die, die als Berufspendler und Besucher aus der Region nach Tübingen kommen, betreffen in gleicher Weise auch die Tübinger Bevölkerung in den Teilorten und den Randbereichen der Stadt, und sie betreffen zentral auch diejenigen Tübingerinnen und Tübinger, die an den zentralen Verkehrsachsen in der Stadt leben, wohnen und arbeiten: es ist unser aller Stau und unser aller Luft, um die wir uns kümmern müssen. 

Exakt berechnen lässt sich nicht, wieviele Verlagerungsfälle auf ein Stadtbahnsystem es geben würde; aber es gibt seriöse Abschätzungen und Erfahrungswerte aus anderen Städten. Eine wesentliche Rolle spielen der Komfort (kein Stau, Umsteigefreiheit), die Zuverlässigkeit und die Berechenbarkeit (dichter Takt, zügiges Fahren) der Regionalstadtbahn. Gesicherte Umsteigemöglichkeiten aus kleinen Ortschaften, die durch die Stadtbahn nicht zu erschließen sind, können –  z.B. durch park&ride-Anlagen – hinzukommen. Die Abschätzung in den standardisierten Bewertungen für neue Strecken sind fast immer sehr zurückhaltend, die praktischen Erfahrungen dann umso besser. Karlsruhe mit der Versiebenfachung das Verkehrs auf einer Statbahnlinie ist ein herausragendes Beispiel, in diesem Ausmaß hier sicher nicht wiederholbar, aber doch von exemplarischer Bedeutung.

Einzelne Aspekte dieses Szenarios ließen sich auch mit anderen Mitteln erreichen – Elektro-, Wasserstoff-, Brennstoffzellenbusse könnten die Stickoxid-Belastungen deutlich senken, und zumindest lokal die CO2-Bilanz verbessern; ohne eine Verringerung der gesamten individuellen Automobilität bleibt dies aber unvollkommen, verringert den Stau auf den Ein- und Ausfahrten nach Tübingen nicht und wirkt auch nicht gegen die Überlastung der innerstädtischen Verkehrsinfrastruktur, die auch den Bus-betriebenen ÖPNV an seine Grenzen gebracht hat.

Die Regionalstadtbahn aber kann das: Eine schnelle, komfortable Verbindung, direkt von den Haltepunkten in der Region und innerhalb Tübingens umsteigefrei zu den Hauptzielen des Pendlerverkehrs, zum Klinikum, aber auch zur Altstadt und zur Universität, zum Tal-Klinikum, zur Morgenstelle und der BG, zum Technologiepark und nach WHO – das kann für viele ein Grund sein, das Auto stehen zu lassen, zu Hause oder am Bahnhof in der Region. Wer das tut, befördert damit drei Ziele zugleich: raus aus dem Stau; weniger Stickoxide; und vor allem weniger klimaschädliches CO2. Daran sollte uns allen gelegen sein; und daran müssen sich andere Mobilitätskonzepte messen lassen.

Dazu noch ein Hinweis: wer zu der engen Verknüpfung von Stadt und Region durch die Regionalstadtbahn nein sagt, sollte eine konkrete Alternative anbieten können, die jetzt auf den Weg gebracht werden kann, nicht abstrakt, nicht in den Denkstuben verschiedener Firmen und Institute, sondern ganz praktisch jetzt, für einen ersten Umsetzungsschritt in fünf, spätestens zehn Jahren.