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Eine kommunale Verpackungssteuer?

Unter den vielen guten Gründen, die gegen eine kommunale Verpackungssteuer sprechen, ragen vier heraus, die ich hier noch einmal kurz nennen will:

Grund 1 sind die erheblichen Zweifel, ob eine solche Steuer verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist. 1998 hatte das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Satzung der Stadt Kassel gekippt. Auch wenn vor allem die Grünen behaupten, durch Änderungen des Bundesrechts sähe das heute anders aus, bleibt es strittig. Es gibt jeweils wohlbegründete Rechtsgutachten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Grund 2 liegt in der Tatsache begründet, dass die (bereits verabschiedete, also auch allgemein bekannte) EU-Plastikrichtlinie, die spätestens zum 1. Juli 2021 in nationales Recht umgesetzt sein muss, Einweg-Plastik weitgehend verbietet. Ein gut Teil dessen, was mit der städtischen Satzung besteuert werden soll, ist dann gar nicht mehr da. Lohnt sich der Aufwand für die kurze Zeit zwischen dem 1. Januar 2021, dem Inkrafttreten unserer Satzung, und dem 1. Juli 2021 ?

Grund 3 liegt in der Absicht der Bundesumweltministerin, mit der Umsetzung der Plastik-Richtlinie in nationales Recht zugleich der Herstellerverantwortung für die Entsorgung von Wegwerfartikeln generell zu stärken: die Kommunen erhalten entsprechend einen finanziellen Ausgleich für die Belastung der Entsorgungsinfrastruktur durch diese Art von Müll. Dasselbe parallel über eine kommunale Steuer zu wollen, klingt ein bisschen gaga.

Grund 4 schließlich: der Aufwand für die Betroffenen ist riesig und bei einer kommunalen Regelung kaum leistbar. Einen detaillierten Fragenkatalog zu den konkreten Schritten der Umsetzung konnte oder wollte die Verwaltung vor der Verabschiedung der Satzung nicht beantworten. Der Franchise-Nehmer von McDonald in Tübingen (ein Mittelständler, nicht McDonalds selbst) kalkuliert mit einem fünfstelligen Euro-Betrag im Monat. Viele Kleinere kapitulieren vor dem Bürokratie-Aufwand.

Was mit dem Satzungsbeschluss des Gemeinderats tatsächlich erreicht wird, wird sich binnen Jahresfrist zeigen müssen. Ob dem – sicherlich gemeinsamen – Ziel, der Vermüllung der Straßen und Plätze unserer Stadt wirksam zu begegnen, damit tatsächlich besser gedient ist, wird man mit Fug und Recht bezweifeln dürfen. Von Alternativen wollte die Stadtverwaltung nichts wissen.

Dietmar Schöning

Vorsitzender der FDP-Fraktion

Inzwischen hat der Gemeinderat angesichts der coronakrise beschlossen, das In-Kraft-Treten dieser Satzung um ein Jahr auf den 1.1.2022 zu verschieben. Mal sehen, ob dies dann das letzte Wort ist.