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Stellungnahmen im Gemeinderat 14. November 2024

Jobticket für Beschäftigte der Stadtverwaltung – Vorlage 256(a)/2024

Die FDP-Fraktion erkennt die Bemühungen der Stadtverwaltung an, ihren Mitarbeitenden ein attraktives Mobilitätsangebot zur Verfügung zu stellen und dadurch Anreize für eine klima- und umweltfreundliche Anreise zu schaffen. Dies ist nicht nur eine sinnvolle Maßnahme zur Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, sondern auch ein Instrument zur Bindung und Gewinnung von Fachkräften.

Gleichzeitig sehen wir jedoch die Notwendigkeit, die finanzielle Gesamtsituation der Stadt im Blick zu behalten. Angesichts der aktuellen Haushaltslage und der Vielzahl von Einsparmaßnahmen, die auch die Bürgerinnen und Bürger direkt betreffen, ist es schwer vermittelbar, den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung zusätzliche Vergünstigungen zukommen zu lassen, die über das bisherige Maß hinausgehen.

Wir nehmen den Änderungsantrag der SPD-Fraktion, den städtischen Zuschuss auf 30,10 Euro festzulegen, als konstruktiven Vorschlag wahr, möchten jedoch darauf hinweisen, dass dies bei einem Ticketpreis von 58 Euro und einem Eigenanteil der Beschäftigten von 25 Euro nicht vollständig aufgeht. Ein Zuschuss von 33 Euro wäre notwendig, um diese Kalkulation umzusetzen.

Wir schlagen daher vor, den Eigenanteil der Mitarbeitenden auf 28 Euro anzupassen, um die Differenz zu schließen und gleichzeitig eine Balance zwischen den Zielen der Mobilitätsförderung und der Haushaltsdisziplin zu gewährleisten. Dies wäre eine faire Lösung, die sowohl die Interessen der Beschäftigten als auch die der Stadt berücksichtigt.

Die FDP-Fraktion plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit den städtischen Mitteln sowie eine regelmäßige Überprüfung des Zuschusses, um flexibel auf veränderte Haushalts- und Mobilitätsanforderungen reagieren zu können.

 

Rabattierung des Deutschlandtickets- Vorlage 257(a/b)/2024

Die FDP-Fraktion sieht in der Rabattierung des Deutschlandtickets eine verständliche Maßnahme, um den öffentlichen Nahverkehr als klimafreundliche Alternative zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern eine attraktive Mobilitätsoption zu bieten. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage erkennen wir jedoch auch, dass weitere Anpassungen erforderlich sind.

Die geplante Erhöhung der Anwohnerparkgebühren auf 15 bis gar 20 Euro pro Monat sehen wir nach wie vor kritisch. Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 wurde festgelegt, dass Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung gezielt für die Verbesserung des ÖPNV-Angebots verwendet werden sollen. Dies umfasst Maßnahmen wie etwa die Ausweitung von Taktzeiten, die Einführung neuer Linien oder Investitionen in die marode Infrastruktur. Eine Zweckentfremdung dieser Mittel für die allgemeine Haushaltskonsolidierung oder allein für Tarifvergünstigungen gefährdet stattdessen die langfristige Attraktivität des Nahverkehrs. Niedrige Ticketpreise sind zwar wichtig, doch ohne ein modernes und zuverlässiges Angebot werden viele Menschen nicht auf den ÖPNV umsteigen. Wir halten es für zentral, dass die Einnahmen aus den Parkgebühren in Projekte fließen, die das ÖPNV-Angebot nachhaltig verbessern. Nur durch ein starkes Angebot wird es gelingen, mehr Bürgerinnen und Bürger für den ÖPNV zu gewinnen und die Klimaziele der Stadt zu erreichen.

Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, den Zuschuss für das reguläre Deutschlandticket Tübingen auf 9 Euro zu reduzieren und den Preis auf 49 Euro festzulegen, stellt einen tragfähigen Kompromiss dar. Ebenso unterstützen wir eine moderate Erhöhung des Zuschusses für das Deutschlandticket JugendBW, um weiter gezielt Familien und junge Menschen finanziell zu entlasten.

Die FDP-Fraktion sieht den gezielten Einsatz der Mittel als entscheidend, um eine nachhaltige Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs zu sichern. Eine ausgewogene Kombination aus attraktiven Tarifen und einem qualitativ hochwertigen Angebot ist unerlässlich, um den ÖPNV langfristig zu stärken und die Klimaziele der Stadt zu erreichen.

 

Hebesatzsatzung „Grundsteuer A und B“ – Vorlage 232/2024

Die FDP-Fraktion erkennt die Notwendigkeit an, die Hebesätze der Grundsteuer A und B im Zuge der Grundsteuerreform anzupassen. Ziel muss es sein, die Steuerbelastung aufkommensneutral zu gestalten und den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen. Dennoch sehen wir die vorgeschlagenen Änderungen kritisch, da sie eine deutliche Umverteilung der Steuerlast mit sich bringen.

Die Erhöhung des Hebesatzes für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) von bisher 360 % auf 480 % führt zu einer spürbaren Mehrbelastung. Es ist sicherzustellen, dass diese Anpassung die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Betriebe nicht gefährdet, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen, mit denen sich diese Branchen ohnehin konfrontiert sehen.

Die Senkung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 660 % auf 270 % erscheint auf den ersten Blick positiv, bringt jedoch eine signifikante Verschiebung der Steuerlast mit sich. Grundstückseigentümer mit älteren Gebäuden und größeren Grundstücken werden im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern auf kleineren Flächen unverhältnismäßig stärker belastet. Diese Ungleichheit innerhalb der betroffenen Eigentümergruppen ist unfair und führt zu einer spürbaren Benachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen. Eine Reform, die solche gravierenden Unterschiede schafft, läuft Gefahr, das Vertrauen in die Steuergerechtigkeit zu untergraben.

Die FDP-Fraktion sieht die Anpassung der Hebesätze als notwendige Maßnahme, mahnt jedoch eine transparente Kommunikation der Auswirkungen und eine regelmäßige Evaluierung der Ergebnisse an. Es ist essenziell, sicherzustellen, dass die Reform keine unverhältnismäßigen Belastungen schafft und soziale Gerechtigkeit sowie wirtschaftliche Stabilität gewahrt bleiben. Ziel muss es sein, eine faire und ausgewogene Grundsteuer zu gewährleisten, die den rechtlichen und sozialen Anforderungen gleichermaßen gerecht wird.

 

Hebesatzsatzung „Grundsteuer C“ – Vorlage 239/2024

Die FDP-Fraktion lehnt die Einführung der Grundsteuer C in der vorgeschlagenen Form ab. Ziel der Satzung soll es sein, unbebaute baureife Grundstücke zu mobilisieren, um den Wohnraumbedarf in Tübingen zu decken. Dennoch bestehen große Zweifel an der Effektivität und Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme.

Ein Hebesatz von 540 % stellt eine massive Belastung dar, insbesondere für Eigentümer, die aus finanziellen oder persönlichen Gründen nicht in der Lage sind, ihr Grundstück zu bebauen. Es ist absehbar, dass die pauschale Erhebung des erhöhten Hebesatzes zu rechtlichen Streitigkeiten führen wird. Dies bindet Ressourcen und verzögert die Schaffung von Wohnraum, statt sie zu fördern.

Darüber hinaus fehlen in der Satzung wesentliche Differenzierungen. Es wird weder zwischen kurzzeitig unbebauten Grundstücken noch zwischen Eigentümern, die aus berechtigten Gründen nicht bauen können, unterschieden. Diese pauschale Regelung führt zu sozialer Ungerechtigkeit und trifft insbesondere kleinere Eigentümer unverhältnismäßig hart.

Die prognostizierten Einnahmen in Höhe von 800.000 Euro erscheinen zudem gering, wenn man bedenkt, dass die Hälfte dieser Summe lediglich aus einer Verlagerung von der Grundsteuer B stammt. Dieser Betrag steht in keinem Verhältnis zu den Herausforderungen des Wohnungsmarktes und wird den Bedarf an neuen Wohnungen nicht signifikant mindern.

Die FDP-Fraktion spricht sich daher gegen die Einführung der Grundsteuer C aus und fordert stattdessen, auf gezielte Anreize zu setzen. Erleichterte Baugenehmigungsverfahren, steuerliche Erleichterungen und Förderprogramme sind effektiver und rechtssicher, um Bauland zu mobilisieren und den Wohnungsmarkt nachhaltig zu entlasten.

 

Neufassung der Platzvergabekriterien für die Kindertageseinrichtungen – Vorlage 215/2024

Die FDP-Fraktion begrüßt die Überarbeitung der Platzvergabekriterien, um Transparenz und Gerechtigkeit zu erhöhen. Die Vereinfachung der Punktvergabe bei der Berufstätigkeit ist sinnvoll und unterstützt berufstätige Eltern, insbesondere Alleinerziehende, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Fokus auf ganztägig arbeitende Eltern wird von uns ausdrücklich befürwortet.

Die Streichung der Bevorzugung von Krippenkindern beim Übergang in den Kindergarten vermeidet zwar Fehlanreize, birgt jedoch auch das Risiko, bestehende Betreuungskontinuitäten zu gefährden. Hier muss sichergestellt werden, dass die Vergabe zügig und fair erfolgt.

Die stärkere Berücksichtigung von Geschwisterkindern ist eine begrüßenswerte Anpassung, die Familienalltag erleichtert und Verkehrsaufkommen reduziert. Kritisch sehen wir jedoch die Streichung des Kriteriums „besonders belastete familiäre Situation“. Auch wenn entsprechende Fälle selten sind, bleibt eine individuelle Bewertung notwendig, um betroffene Familien gezielt zu unterstützen. Wir sprechen uns dafür aus, ein Prüfschema zu entwickeln, das diese Fälle transparent und rechtssicher erfasst. Die ablehnende Haltung der Verwaltung halten wir hier für verfrüht, da ein solches Schema durch Beteiligung von Fachstellen und eine klare Definition der Kriterien durchaus praktikabel gestaltet werden könnte.

Die Änderungen bieten dennoch eine solide Grundlage, den Zugang zu Betreuungsplätzen gerechter zu gestalten. Entscheidend wird allerdings sein, wie diese Kriterien in der Praxis umgesetzt werden und ob sie den Bedürfnissen der Familien gerecht werden. Die FDP-Fraktion wird die Auswirkungen aufmerksam beobachten und gegebenenfalls Anpassungen anstoßen.

 

Qualifizierter Mietspiegel – Vorlage 234/2024

Die FDP-Fraktion begrüßt grundsätzlich die Aktualisierung des qualifizierten Mietspiegels 2024, der für Mieter und Vermieter eine transparente und rechtssichere Basis zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete schafft. Gerade in angespannten Wohnmärkten wie Tübingen ist es wichtig, eine fundierte Orientierung für Mietpreisgestaltungen zu bieten und so Konflikte zu minimieren.

Kritisch sehen wir jedoch, dass das Mietspiegelmodell keine Berücksichtigung für die besonderen Herausforderungen des geförderten Wohnraums vorsieht. Da Modernisierungen in diesem Bereich aufgrund gesetzlicher Begrenzungen zur Mietpreisbildung häufig nicht refinanziert werden können, fehlen Anreize für Vermieter, solche Maßnahmen durchzuführen. Die vorgeschlagene Anwendungsempfehlung, bei grundlegenden Modernisierungen die Baualtersklasse anzupassen, ist hier ein erster Ansatz, um den geförderten Wohnraum langfristig zu sichern.

Die FDP-Fraktion unterstützt diesen Ansatz, weist jedoch darauf hin, dass weitergehende Lösungen nötig sind, um auch weniger umfangreiche Sanierungsmaßnahmen im geförderten Wohnraum wirtschaftlich tragfähig zu machen. Ein nachhaltiger und qualitativer Erhalt von Wohnraum ist nur dann möglich, wenn auch kleinere Investitionen gefördert und refinanziert werden können, ohne die Mieten im geförderten Sektor übermäßig zu belasten.

Insgesamt schafft der neue qualifizierte Mietspiegel dennoch die notwendige Transparenz und Stabilität auf dem angespannten Wohnungsmarkt. Wir begrüßen die Bemühungen der Stadt, dieses Instrument regelmäßig zu aktualisieren, und sehen die Anwendungsempfehlung als ersten Schritt für eine ausgewogenere Balance zwischen Investitionen und Mieterschutz.

 

Bebauungsplanverfahren zur Wohnraumversorgung – Vorlage 224/2024

Die FDP-Fraktion unterstützt die Initiative der Stadt, durch sektorale Bebauungspläne neue Möglichkeiten zur Schaffung geförderten Wohnraums zu schaffen. Angesichts der angespannten Wohnraumsituation ist es wichtig, innovative und gleichzeitig rechtlich gesicherte Wege zu finden, um bezahlbaren Wohnraum in Tübingen zu erhalten und auszubauen.

Die sektoralen Bebauungspläne bieten hier eine geeignete Grundlage, um bestehendes Baurecht gezielt anzupassen und so die Voraussetzungen für geförderten Wohnungsbau zu schaffen. Besonders begrüßen wir, dass kleinere bauliche Maßnahmen, wie Dachausbauten oder Sanierungen, von dieser Regelung ausgenommen bleiben. Dies bewahrt den notwendigen Spielraum für private Eigentümer und verhindert übermäßige Eingriffe in bestehende Eigentumsrechte.

Allerdings sehen wir kritisch, dass die Verpflichtung zur Schaffung von gefördertem Wohnraum in einigen Fällen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen könnte. Hier müssen klare und faire Kriterien geschaffen werden, die Eigentümern Planungs- und Rechtssicherheit bieten. Insbesondere die Schwelle, ab der ein Neubauvorhaben der Verpflichtung unterliegt, sollte realistisch gestaltet werden. Eine Anpassung an die Gegebenheiten vor Ort ist dabei unerlässlich.

Die FDP-Fraktion betont zudem, dass soziale Durchmischung und Quartiersvielfalt zentrale Ziele bleiben müssen. Fehlanreize, die zu einer Monostrukturierung von Wohngebieten führen könnten, gilt es zu vermeiden. Wir fordern, dass die Stadt die Entwicklungen in den betroffenen Gebieten genau beobachtet und bei Bedarf nachjustiert.

 

Köstlinschule einschl. Gymnastikhalle – Vorlage 200/2024

Die FDP-Fraktion begrüßt die geplante Realisierung des Neubaus der Köstlinschule mit einer eigenen Gymnastikhalle. Besonders hervorzuheben ist der interfraktionelle Einsatz vieler Gemeinderäte, der dazu beigetragen hat, dass die ursprünglich beschlossene Planung mit Gymnastikhalle umgesetzt wird. Die Turnhalle war, wie bekannt, zunächst aus Kostengründen von der Verwaltung in Frage gestellt worden. Der breite politische Konsens zugunsten der Halle zeigt jedoch, wie wichtig eine funktionale Sportinfrastruktur als Teil des Bildungskonzepts ist. Ihr Erhalt ist ein Gewinn für Schule, Vereine und die Stadtgesellschaft.

Dennoch sehen wir die Wahl von Holzprofilen als Verkleidung für die Fassade kritisch. Während Holz ein nachhaltiges Material ist, neigen unbehandelte Oberflächen mit der Zeit dazu, nachzudunkeln und eine schwarze Patina zu entwickeln. Dies könnte für ein Schulgebäude optisch unvorteilhaft sein und den Eindruck des Gebäudes negativ beeinflussen. Wir regen daher an, die Fassade so zu behandeln, dass ihre ansprechende Optik langfristig erhalten bleibt, oder alternative Materialien in Betracht zu ziehen, die den ästhetischen und funktionalen Ansprüchen besser gerecht werden.

Leider fordern die nun sehr hohen Baukosten von fast 20 Millionen Euro, die durch die geologischen Herausforderungen und das beengte Baufeld sogar noch weiter steigen könnten, eine sehr sorgfältige Prüfung der Ausschreibungsergebnisse. Mögliche Einsparpotenziale müssen unbedingt genutzt werden, ohne gleichzeitig Qualität oder Funktionalität des Gebäudes zu beeinträchtigen. Die geplante Regenwassernutzungsanlage etwa, mag zwar ökologisch sinnvoll sein, doch stehen die jährlichen Einsparungen von 700 Euro in keinem Verhältnis zu den Investitionskosten von 48.000 Euro. Hier müssen wirtschaftlichere Alternativen in Betracht gezogen werden.

Generell sieht die FDP-Fraktion in der vorgelegten Planung dennoch eine wichtige und zukunftsweisende Investition in die Bildungs- und Sportinfrastruktur Tübingens. Wir werden die Umsetzung weiterhin kritisch begleiten, um sicherzustellen, dass die finanziellen Mittel effizient und mit langfristigem Nutzen eingesetzt werden.

Anne Kreim
Fraktionsvorsitzende FDP